Osnabrücker Lebensquelle erregt die Gemüter

In Osnabrück regt sich Unmut.

Die Zion GmbH hat das Gelände am Güterbahnhof in ihren Besitz gebracht und einen Teil des Areals an die Evangelische Freikirche Lebensquelle e.V. verkauft. Diese möchte dort ein Gemeindezentrum mit 1.500 Sitzplätzen errichten. Gemeint ist eine Mehrzweckhalle, die auch an andere Organisationen vermietet werden soll.

Der neue Eigentümer, vertreten durch Ralph Gervelmeyer und selbst Mitglied der Lebensquelle, macht von seinem Hausrecht Gebrauch und verändert die am Güterbahnhof ansässige Kulturszene. Nach eigener Darstellung wird geltendes Recht durchgesetzt und versucht, für Ordnung am Güterbahnhof zu sorgen. Anlässlich der Kulturveranstaltung Design-Messe Osnabrück hatten von außerhalb kommende Besucher auf dem verlassenen Gelände geparkt. Nun soll der Veranstalter der Messe 5950 Euro für die Nutzung  als Parkgelände bezahlen.

Die jetzigen Mieter des Geländes rund um den Güterbahnhof sind verärgert.

Sie haben den Eindruck, dass hier eine gewachsene Kulturgemeinde, bestehend aus verschiedensten Einrichtungen verjagt werden soll, weil sie nicht in das Bild der Evangelischen Freikirche Lebensquelle passt.

Diese Freikirche ist streng-religiös ausgerichtet und angelehnt an die weltweite Pfingstbewegung. Solche  Organisationen sind geprägt von Mission und der Gründung neuer Gemeinden. Die Lebensquelle finanziert sich durch freiwillige Spenden der Gemeindemitglieder.

Für noch mehr Erzürnung sorgen Aussagen Gervelmeyers in einem Interview beim Lokalsender os1.tv. am 27.05.2013.

Auf die Frage, ob die geplante Mehrzweckhalle von einer Veranstaltung wie Gay in May genutzt werden könnte zeigte sich Herr Gervelmeyer irritiert. „Allein die Frage sei schon provokant“,  äußerte er sich. Gay in May ist ein seit 35 Jahren in Osnabrück etabliertes, schwul-lesbisches Kulturfest. Für Gervelmeyer persönlich sei Homosexualität Sünde. Die Lebensquelle hasse die Sünde, nicht die Menschen betonte er dann. „In der Bibel stehe „klar geschrieben“, so Gervelmeyer, „wie es zu funktionieren hat“. Genauso wenig könne man sich doch vorstellen, dass Mercedes in seinen Häusern einen VW präsentiere.

Die Kultusdezernentin der Stadt, die Ratsfraktionen und die Evangelische Kirche haben sich bereits von den Aussagen Gervelmeyers distanziert. „Homophobie unter religiösem Deckmantel ist nicht tolerierbar“ verlautet die Pressemitteilung der Grünen. Die Freikirche solle sich zu Weltoffenheit und Vielfalt bekennen. Auch Grundstückseigentum verpflichte.
Kultusdezernentin Rita Maria Rzyski erklärte auf Anfrage, Menschen mit einer bestimmten sexuellen Orientierung dürften nicht ausgegrenzt werden.
Die Evangelische Kirche Osnabrück äußerte dazu: „Die Evangelische Kirche steht für Toleranz und Freiheit. Toleranz im Sinne des Evangeliums schließt Menschen homosexueller Orientierung und nichtchristlicher Religion ausdrücklich ein. Wir distanzieren uns entschieden von jedweden Äußerungen, in denen Menschen nicht-christlicher Religion und Kultur oder homosexueller Orientierung diskreditiert und abgewertet werden. Ein Sündenverständnis, das auf sexuelle Orientierungen verkürzt wird, entspricht nicht der Auffassung der Evangelischen Kirche.“
Die Katholische Kirche befasst sich aktuell mit dem Thema und steht derzeit im Gespräch mit der Lebensquelle e.V., wie das Büro des Generalvikars des Bistums Osnabrück auf unsere Anfrage mitteilte.

Der LSVD Niedersachsen-Bremen e.V. hat sich in die aktuelle Diskussion eingebracht und das Büro des Oberbürgermeisters, die Ratsfraktionen der Stadt sowie den Fachbereich Städtebau angeschrieben.

„Uns ist bewusst, dass der Verkauf des Grundstücks abgewickelt und daran nichts mehr zu ändern ist. Im Rahmen des Verfahrens zum Bebauungsplan scheint es uns aber angeraten, durch Stadtrat und Verwaltung die Auflagen an „Zion“ so weit zu erhöhen, dass eine Nutzung für sozial breiter aufgestellte Projekte in den Vordergrund gestellt und die kulturelle Vielfalt gefördert wird“, äußerte Benjamin Rottmann, Vorstandsvorsitzender des LSVD Niedersachsen Bremen, sich zur aktuellen Situation. Und weiter: „Für eine Religionsgemeinschaft, die für sich selbst die Freiheit des Glaubens und die Akzeptanz der Gesellschaft fordert, scheint die Haltung gegenüber Homosexuellen wenig tolerant.“

Der LSVD Niedersachsen Bremen begrüßt die Haltung der Parteien und der Stadt und wird die aktuellen Entwicklungen weiter kritisch verfolgen.